Von der Alten Kühlhalle auf den Campus

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Fünf Tage lang haben zwei Studentinnen ein Fenster aus dem Coburger Schlachthof Millimeter für Millimeter aufgemessen. Was das bedeutet und wie es mit dem Objekt weitergeht.

200 Kilo schwer, 1,40 Meter breit und 2,45 Meter hoch ist das Fenster aus der Alten Kühlhalle, das Muriel Kitazume und Cornelia Müller, die beide für den Masterstudiengang Digitale Denkmaltechnologien an der Hochschule Coburg eingeschrieben sind, im Maßstab 1:1 aufnehmen. Doch was heißt das? „Die Studentinnen dokumentieren sämtliche Details so präzise, dass eine Replik entstehen könnte. Wie ist das Fenster geschlagen? Welchen Materialzustand hat es? Wie ist die Farbe des Glases?“, erklärt Professor Olaf Huth vom Masterstudiengang Digitale Denkmaltechnologien die Aufgabenstellung, die für das Modul „Verformungsgerechtes Aufmaß“ bearbeitet werden muss.

Fünf Tage für ein Fenster

Für das Aufmessen waren insgesamt fünf Tage angesetzt. „Die Herausforderung ist es, das Objekt dreidimensional von allen Seiten zu erfassen – wir müssen jeden Versprung abmessen“, sagt Muriel Kitazume. Der Fokus liegt dabei nicht auf den Schäden. „Wir wollen nicht aufnehmen, wie verzogen das Fenster ist, sondern versuchen, die Maße der Konstruktionsgrundlage zu bestimmen, die man bräuchte, um das Fenster nachzubauen“, ergänzt Cornelia Müller. Die Latten waren beispielsweise alle verzogen oder gequollen und nicht mehr rechtwinklig. „Es ist schwierig die Mitte zu finden und zu entscheiden, welche Verformungen man aufnimmt und welche nicht.“

Wie Muriel Kitazume vermutet, wurden die Latten für die Fenster damals individuell zugeschnitten. „Heute würde man standardisierte Teile nehmen und industriell produzieren. Wir haben das Glück, dass ein paar Fenster so brüchig sind, dass wir auch den Innenaufbau sehen können und aufnehmen können, wie die Fensterkästen konstruiert sind.“ Die einzelnen Fensterkästen bestehen aus drei Glasscheiben mit Abstandsnahmen, die an Zierleisten genagelt sind.

Blaue Fensterscheiben

Zwei der drei Scheiben sind blau. Das könnte laut Diplomingenieur Gerhard Gresik, ebenfalls Dozent im Masterstudiengang Digitale Denkmaltechnologien, auf den ursprünglichen Platz des Fensters im ehemaligen Coburger Schlachthof zurückzuführen sein. Denn durch die Scheiben würden die orangeroten Farben des Fleisches im Innenraum des Gebäudes einiges an Leuchtkraft verlieren und so optisch vielmehr als Grautöne erscheinen. „Durch den Einbau wollte man womöglich verhindern, dass die Metzger beim Schlachten in einen ,Blutrausch‘ verfallen.“

Beim Campus.Design Open, das vom 18. bis zum 20. Mai auf dem Campus Design stattfindet, sollen neben dem Fenster aus dem ehemaligen Schlachthof, das Muriel Kitazume und Cornelia Müller vermessen haben, auch ein Druck des Fensters im Maßstab 1:10 und ein Streifenlichtscan präsentiert werden. Dem Betrachter soll die Methodik so nähergebracht werden.

Autorin: Cindy Dötschel, 17. Mai 2023

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